Santa Cruz Trek - Auf Schusters Rappen durch die Cordillera Blanca


Santa Cruz Trek
03.11. - 07.11.18

Hach die Natur! Speziell die Berge. Speziell die Berge in Peru. Speziell die Cordillera Blanca, eine wunderschöne Gebirgskette im Norden Perus, nahe an Huaraz gelegen, dem Trekkingmekka Perus. Wir haben mit uns gerungen: Sollen wir den 4-tägigen Santa Cruz Trek allein angehen oder mit einer Tour. Nach etwas Hin- und Herrechnen, speziell was Ausrüstung und Gewicht angeht, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir mit all der Ausrüstung, die wir haben und noch leihen müssen (Zelt, Schlafsäcke, Isomatten, Kocher), wir einfach zu viel zu schleppen hätten und uns hierfür auch einfach die Erfahrung fehlt. So touren wir auf Humbertos Empfehlung mit einer ihm bekannten Agentur. Wir sind hier ausnahmsweise etwas faul und machen das alles über ihn. Da er uns so sympathisch ist und Zweifel an der Ausrüstung der Agentur hat, leihen wir uns noch ein Zelt und Schlafsäcke von ihm. Das alles kommt mit unseren Sachen, die wir unterwegs nicht brauchen, in einen großen Sack und auf den Rücken eines Esels.


Tag 1 - Los geht's
Nach einem guten Frühstück steigen wir in einen kleinen Bus, steigen 10min später von diesem in einen anderen kleinen Bus und fahren den uns bekannten Weg zur Lagune 69. Denn der Startpunkt unserer Wanderung liegt noch etwas hinter dem zur Lagune. Und über einen Bergrücken hinüber...
Unser Guide Martin ist jung, sympathisch und gut gelaunt. Wir dürfen erst einmal Kennenlernspiele im Bus spielen, bis wir uns auf die Serpentinen konzentrieren, die sich den Berg hinaufwinden.

Dann heißt es aussteigen, kurz ein paar Dehnübungen machen (Martin nimmt das sehr ernst!) und los geht's auf Schusters Rappen auf 3400m.
Aber erstmal bergab und durch ein paar Siedlungen, bis es schließlich aufwärts geht und man mit jedem Schritt merkt, dass man sich auf ordentlicher Höhe befindet. Der Weg ist abwechslungsreich und gut zu begehen, aber die Aussicht ist fantastisch! In der Ferne ragen schneebedeckte Gipfel auf und wir steuern genau in diese Richtung. Leider sind wir aber nicht schnell genug, um dem Regen zu entkommen. Was als leichtes Nieseln beginnt wird bald zu einem prasselnden Regenschauer und Lotti und ich sind froh über unsere Regenjacken und -hosen. Als wir dann äußerlich völlig durchnässt am Zeltplatz ankommen müssen wir feststellen, dass unsere Esel noch nicht da sind, also auch keine Zelte o.ä. Das heißt, im Regen warten. Zum Glück wird der schwächer und nach 40min sind dann auch schon die Esel da, einer rennt mich fast um. Dann schnell das Zelt aufgebaut und alles ins Trockene bringen. Allerdings stellen wir fest, dass unser "Humberto-Zelt" für zwei Personen gerade so reicht, aber kaum Platz für unsere Sachen bereithält. Außerdem ist die Plane, die wir unter das Zelt legen etwas zu kurz, was ein Durchdrücken der Nässe entweder an den Füßen oder am Kopf ermöglicht. Hmm, doof. Aber gut, müssen wir mit leben!

Nachdem ich das geschrieben habe, muss ich aber glaube ich noch klarstellen, dass ich so locker keineswegs beim Zeltaufbau war. Unter schwerem Fluchen über die kleinen Unzulänglichkeiten unserer Ausrüstung machte ich mich ans Werk. Erwähnen sollte ich aber auch, dass ich Zelten einfach überhaupt nicht mag. Null die Bohne. Warum? Keine Ahnung, es macht mir keinen Spaß. Es ist eng, ich schlafe schlecht, morgens ist alles nass und feucht und irgendwie ist es bah. Aber gut, 3 Nächte halte ich durch. Das sagt sich auch Lotti, die mit meiner Laune zurechtkommen muss.
Nachdem ich mich beruhigt und in den Daunenschlafsack Humbertos zurückgezogen habe (bis -20°C) entspannt sich alles etwas und beim Abendessen ist so oder so alles gut: Essen!

Es folgt eine gar nicht so ungemütliche Nacht und als ich um 3:00 zum Klogang aufstehe bleibt mir der Mund offenstehen, als ich den Sternenhimmel über mir sehe. Wahnsinn! Aber auch wahnsinnig kalt, also schnell zurück in die Federn!

Kennen wir schon vom Tagesausflug zur Lagune 69, die Lagune "Chinan Cocha", der See der Frau

Zahllose Serpentinen winden sich den Berg hinauf. Über diese Straße kommen wir zu unserem Startpunkt

Diese drei gehören auch zu unserem Team und bekommen gleich das Gepäck auf den Rücken

Ganz wichtig: Aufwärmen!

Und los geht's!

Die Einheimischen, wie hier das kleine Mädchen, können wir am Anfang des Treks in ihrem Alltag beobachten


Wer führt hier wen? Im Galopp über den Zeltplatz

Hin zu den Bergen

Ab und zu erwischt es einen... Und wir sind froh über unsere Regenjacken!

Der Zeltplatz liegt herrlich

Tag 2 - Über den Punta Union Pass
Der an sich schon große Tag, denn heute überqueren wir den Punta Union Pass, den höchsten Punkt der Wanderung mit 4750m. Ja, gar nix ist das doch für mich und Lotti war ja auch schon höher! Schön wärs!
Der Weg beginnt zaghaft, wird dann steil, schwächt danach etwas ab, nur um dann im letzten Drittel vor dem Pass so richtig steil anzuziehen.
Die ersten zwei Drittel sind kein Problem, ich bin zwar meist fast ganz hinten, aber das liegt auch an den häufigen Fotopausen und meiner Einstellung. Denn wozu durchhetzen, ich will den Weg und die Aussicht genießen! Und die ist heute noch spektakulärer als gestern, die schneebedeckten Berge ganz nah bei uns, viele kleine Seen und mit steigender Höhe einen immer gewaltigeren Ausblick auf die Cordillera Blanca.

Dann das letzte Stück vor dem Pass, bzw. hinauf zum Pass. Ich gehe zwar nicht auf dem Zahnfleisch, aber es ist hier doch deutlich anstrengender als erwartet. Lotti und ich keuchen in kleinen Schritten den Anstieg hinauf, bis wir endlich die letzten Stufen zum Pass erklimmen.
Nur um wieder wie vom Blitz getroffen dazustehen und die Aussicht auf der anderen Seite zu genießen. Rechts unter uns ein türkisblauer See, dahinter erheben sich grauweiße Riesen und vor uns ebenfalls diverse schneebedeckte Gipfel, teilweise in den Wolken und eine Aussicht in das Tal vor uns, die schöner nicht sein könnte!
Ein guter Platz für eine Pause. Naja, eine kurze, denn es fängt am zu hageln und wird ungemütlich. Aber ab jetzt geht es nur noch bergab bis zur grünen Wiese, wo alle Zelte aufgebaut sind bis auf unseres. Wir sollten mal mit Martin sprechen, ob unseres nicht auch aufgebaut werden könnte, auch wenn es nicht die Ausrüstung des Touranbieters ist...

Lotti versetzt das nicht aufgebaute Zelt in eine ähnliche Stimmung, wie meine gestrige, auch dass der Wind den Zeltaufbau stark erschwert macht es nicht besser. Zum Glück können wir unsere erhitzten Gemüter wunderbar im eiskalten Fluss abkühlen, wo wir uns waschen. Mit dem Wind und der Wassertemperatur kann von gemütlich Baden keine Rede sein, eigentlich nicht mal von Baden. Denn wir waschen uns so schnell wie möglich ab, bevor das Zittern zu stark wird, um sich abzutrocknen. Aber wir fühlen uns danach ziemlich gut! 
Im Essenszelt gibt es wieder Kaffee, Tee und kleine Snacks und nach und nach treffen fast alle ein und man unterhält sich gemütlich. Da es aber um 19:00 erst Abendessen gibt, zieht sich jeder noch einmal ins Zelt zurück und liest, schläft oder vertreibt sich sonst wie die Zeit.
Während des Abendessens erhellt eine einsame kleine Kerze das Zelt und wir verschlingen das Essen, bevor jeder mit vollem Magen und müde ins Bett fällt.



Hinauf in Richtung Pass

Ziemlich fotogen gibt sich hier die Landschaft

Unser Gepäck überholt uns


Das Gröbste ist geschafft! Kurz vor dem höchsten Punkt des Passes

Und auf dem höchsten Punkt! 4750m

Noch ein "Gipfelfoto" mit den Niederländern und den Australiern

Bei der Aussicht bekommt man schon mal Lust auf seltsame Posen...

Und abwärts nach dem Pass mit weiterhin wunderbarer Aussicht


Unser Zeltplatz und die biologische Mähmaschine

Scheinbar gibt es hier besseres Essen als das öde Gras vor dem Zelt

Tag 3 - Abstecher an die Lagune
Den anstrengendsten Tag hinter uns, könnten wir heute direkt im Tal entlang zum nächsten Camp laufen oder noch einen Umweg zu einer kleinen Lagune einlegen, was sich natürlich keiner entgehen lässt. Nur Lotti ist etwas gereizt, da sie sich noch etwas sortiert hat, allerdings vor einer Abzweigung und dort dann falsch abgebogen ist, was in einem 15-minütigen Umweg mündet. Unser Guide hat allerdings auch nicht gewartet, bis alle durch waren. Sie ist entsprechend sauer, Martin missversteht es allerdings als Erschöpfung und macht den Vorschlag, dass, wer sich nicht so fühlt heute, auch direkt weiterlaufen kann. Das bessert ihre Laune nicht gerade... 

Die Lagune ist gute zwei Stunden entfernt, mit einem satten Anstieg auf den letzten Metern, aber alle Male den Umweg wert. Im hinteren Teil fließt ein Gletscher in den See, um ihn herum ragen weiße Gipfel in den Himmel und an manchen dieser Gipfel bilden sich Wolken. Beeindruckende Aussicht. Wir machen Pause, schwelgen in der Schönheit und ziehen dann los auf dem langen, aber flachen Weg entlang des Flussbettes. Links neben uns schieben sich dunkle Wolken über die Berge und wir hoffen, dem Regen entgehen zu können. Bis auf ein paar dicke Tropfen gelingt das auch. Aber der Weg zieht sich, die Dimensionen von weiter oben am Start des Tages täuschten, es ist länger als es aussieht. Eine halbe Stunde vor dem Camp dann knickt André, der Costa-Ricaner, um, von Martin keine Spur und Robin, der andere Deutsche, bietet ihm eine Bandage an und läuft mit ihm. Entweder sind wir zu pingelig oder Martin macht einen bescheidenen Job...

Im Camp die Überraschung: Unser Zelt ist aufgebaut! Positiv überrascht breiten wir Matratzen und Schlafsäcke aus. Das Camp liegt direkt am Fluss, vor uns bilden zwei Hügel ein V und nach dem Abendessen sieht man bereits die Sterne über uns. 
Solange die Sonne aber noch da ist, beschließen heute die Niederländer, dass Badetag ist. Und legen sich in den eiskalten Fluss: Respekt!
Dann der gewohnte Ablauf: Essen und schlafen gehen. 


Der berg im Hintergrund (Artesonraju, 6025m) diente unbestätigten Aussagen nach als Vorlage für den Berg von Paramount Pictures

Er gibt jedenfalls ein herrliches Fotomotiv ab

Auf dem Weg zur Lagune "Arhuaycocha"

Die Lagune "Arhuaycocha", ein wunderschöner kleiner See inmitten weißer Berggipfel




Und zurück, bzw. weiter geht es zum letzten Zeltplatz

Der Großteil des Weges des dritten Tages führt am Flussbett entlang

Schöne Aussichten am letzten Zeltplatz

Tag 4 - Zurück nach Huaraz
Der heutige Tag bietet weder Überraschungen noch Anstrengungen, denn wir laufen nur ca. 2-3h bis zum Abholpunkt. Wir lassen die hohen Berge hinter uns zurück und wandern entlang des immer größer werdenden Flusses. Ein Hund, der uns bereits am Camp besucht hat, begleitet uns fast den kompletten Weg und passt auf Lotti und mich auf. Er macht einen besseren Job als Martin... Es geht aber noch einmal ein paar gute Höhenmeter nach unten und heute knickt eine der Niederländerinnen um. Von Martin wieder keine Spur. Ich gebe ihr meinen zweiten Wanderstock und unterstützt von ihrer Freundin humpelt sie die letzten 2km bis zum Dorf. 

Wir kommen an einer kleinen Hütte an, wo uns Martin freudestrahlend begrüßt und wir abklatschen: Der Santa Cruz Trek liegt hinter uns. Wir tragen uns an der Hütte aus und laufen die letzten Meter ins Dorf. Ich mache noch ein paar Fotostops und wir sind wieder die letzten, die ankommen. Bzw. wir laufen durchs Dorf, grüßen die Einheimischen, als wir plötzlich die Australierin hören, die uns von ganz am Anfang des Dorfes zuwinkt und -ruft. Aha, wir sind dort in ein kleines Lokal eingekehrt, von wo aus wir auch abgeholt werden. Es ist unmöglich zu sehen, dass dort die anderen sitzen, das heißt wir brauchen jemanden, der uns dort hinein lotst. So jemanden wie einen Guide, der aber ziemlich beschäftigt telefoniert. Und wir wären komplett durchs Dorf gelaufen, ohne dass uns jemand geholt hätte, hätte uns nicht die Australierin gesehen. Aber gut, mittlerweile überrascht uns das gar nicht mehr...


Beim Einlaufen in Cashapampa können wir den Damen bei der Feldarbeit zusehen

Diese beiden Damen bringen die "Ernte" zurück ins Dorf

Wir fahren 3h zurück, wobei die Ladung, die direkt hinter Lotti und mir liegt und deckenhoch verstaut ist, immer wieder etwas nach vorne rutscht, bis sie gegen meinen Kopf drückt, dann schiebt sie Martin wieder nach hinten. Ich stelle mir kurz vor, was bei einem Unfall passiert und denke dann sofort an Einhörner und kleine Babykatzen, um schönere Bilder im Kopf zu haben. Aber natürlich geht alles gut und wir kommen heil in Huaraz an.

Trotz der verbesserungswürdigen Organisation und des zwar netten, aber nicht wirklichen guten Guides ist es eine der schönsten Wanderungen, die wir bisher gemacht haben. Die Natur und die Landschaften sind herausragend und das Wandern macht einfach nur Spaß. So werden wir die Tour positiv in Erinnerung behalten!

Die Truppe verabredet sich noch zu einer Pizza, aber wir werden von Humberto zu einem Abendessen eingeladen, was wir natürlich nicht ausschlagen wollen. So verbringen wir den letzten Abend in Huaraz mit Humberto, bei einem superleckeren Zwei-Gänge-Menü und einem Glas Wein. 

Ein letztes Abendessen bei Humberto, das aufs Haus geht

Dann heißt es weiterziehen, von 3000hm auf 0, an die Küste und in die Hauptstadt Perus: Lima.

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