Salento
01.10. – 03.10. 18
01.10.18 - Eine Busfahrt die ist lustig...
Ja, da Jardin nicht auf der Standard-Backpackerroute
liegt, kommen wir nur ein wenig umständlich nach Salento.
Zuerst nehmen wir den kleinen, klapprigen Bus von Jardin
nach Riosucio, was gute 2:30h dauert. Dort haben wir Glück, denn wir erwischen
genau den Anschlussbus, diesmal ein großes Exemplar, nach Pereira. Die Fahrt
dauert noch einmal gute 2:45h und hier müssen wir erstmal warten. Aber nur eine
halbe Stunde, was uns Zeit für etwas zu trinken und ein paar Donuts gibt. Dann
sitzen wir wieder in einem Kleinbus, noch klappriger als bei der ersten Fahrt.
Aber zum Glück nur für 1h, sehr viel länger würde aber auch nicht gehen, denn
ich bekomme meine Beine nicht einmal vor mich, so nah ist mir der vordere Sitz.
Aber dann steht auch schon Salento auf dem Straßenschild angeschrieben. Wir
schlängeln uns die letzten Meter dorthin und kommen wie immer am Dorfplatz an,
der wie immer ein kleines grünes Viereck ist und von einer vergleichsweise
kleinen Kirche bevorstandet ist. Ein Spaziergang an den Rand des Ortes bringt
uns zu unserem Gästehaus, wo wir erschöpft alles abladen und Ruby, die sich
hier um alles kümmert, uns sehr herzlich willkommen heißt. Wir haben noch etwas
vom Tag und wollen uns den Sonnenuntergang vom dorfnahen Aussichtspunkt
anschauen. Über einen kurzen aber anstrengenden Treppenaufstieg stehen wir auch
schon dort und beobachten Salento unter uns, das rote Wolkentürme umgeben, und
in der Ferne Armenia, die nächste Großstadt. Auf dem Rückweg kehren wir erst in
einen kleinen Obst- und Gemüseladen ein und decken uns mit Äpfeln, Bananen,
Lulos, Pitayas (die gelben, nicht die rosanen!), Maracujas und Gemüse ein, wobei uns die nette
Verkäuferin Tipps gibt und am Ende noch eine Frucht obendrauf packt. Dann
gegenüber zum "Etnia", einem gemütlichen kleinen Restaurant und dann
reicht es auch für einen Tag.
02.10.18 - Palmen und Kolibris
Warum kommt man nach Salento? Entweder um eine Kaffeeführung
in einer der unzähligen Kaffeefarmen in der Gegend zu unternehmen oder um ins
nahegelegene Cocora-Tal zu fahren und dort ein wenig zu wandern. Kaffeetour
hatten wir schon, wir wollen lieber sehen, was das Cocora-Tal zu bieten hat,
das bekannt ist für seine Palmen. Dazu dann gleich mehr. Außerdem haben wir ja
noch einen Tag, an dem wir uns überlegen können, was wir tun wollen. Wir
schälen uns aber erstmal um 6:30 aus den Laken, werfen uns in Wanderschale und
begeben uns zum Plaza, denn ab 6:30 fahren von dort Jeeps in Richtung Cocora.
Diese Jeeps haben anstatt Ladefläche zwei kleine parallele Sitzbänke, auf die 3
Leute gerade so rauf passen. Nachdem 4 Leute irgendwie aneinander geklemmt
Platz haben und auf dem Trittbrett weitere 2-3 Mann stehen, geht es los. Ich
kann nicht aufrecht sitzen, da die Plane zu niedrig ist und verharre die
30-minütige Fahrt in meiner gekrümmten Gollumposition und bin froh, endlich
aussteigen zu dürfen. Durch ein blaues Tor hindurch und gleich vorbei an zwei
mit Milchkannen bepackten Eseln, das sind die ersten Eindrücke der Tour. Danach
kommen wir auf einen schmalen Weg und sehen bereits die hochaufregenden und
isolierten Wachspalmen an den Hängen stehen. Bevor wir ihnen aber einen Besuch
abstatten, führt uns der Weg unter dem Laubdach der Bäume hindurch und an einem
kleinen Fluss vorbei. Dabei dürfen wir diverse sehr instabil und marode
wirkende Hängebrücken mit Holzplanken überqueren. Es kommt ein wenig Indiana
Jones feeling auf! Und nach 2,5h stehen wir vor dem Eingang des Kolibrihauses,
das hier mitten im Wald besteht. Eine Familie hat hier eine Futterstelle für
die Kolibris errichtet und auch deren Lieblingsblumen ums Haus gepflanzt,
sodass man gegen ein kleines Entgelt ein Getränk bekommt und der Vielzahl an
Kolibris bei der Gebietsverteidigung zusehen kann. Ganz schön aggressiv die
Vögelchen. Aber auch schön anzuschauen. Und dann flitzt zwischen den ganzen
grünen Kolibris ein schillernd blauer mit laaaangem Schwanz vorbei. Ein
wunderschöner Vogel!
Nachdem wir uns sattgesehen haben und auch immer mehr
Leute kommen, machen wir uns auf den Rückweg. Der führt uns steil bergauf bis
zu einer kleinen Finca, wo wir kurz pausieren, staunen, dass wir bereits auf
2850m sind und noch mehr Kolibris sehen. Auch wieder den schönen mit den langen
Schwanzfedern. Lotti kommt mit einem älteren französischen Pärchen ins
Gespräch, während ich den Kolibri mit der Kamera jage. Allerdings jagen die
anderen Kolibris ihn ständig weg, was mein Unterfangen erschwert.
Dann plötzlich gesellt sich ein junger Kerl zu mir, klärt
mich über die Vögel auf und wir kommen ins Gespräch. Er ist Ökologe und seit
kurzer Zeit mit seinem Studium fertig. Anhand einer App kann er mir jeweils die
Vögel noch einmal genau zeigen und Daten abrufen. Aber die hat er eh im Kopf.
Wir unterhalten uns über Kolumbien, die teils schlechte Ausrüstung anderer
Reisender und verstehen uns so gut, dass er uns morgen gleich einlädt, mit ihm
und seiner Freundin eine kleine Wanderung zu unternehmen. Nice, nehmen wir
natürlich gerne an!
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| Der ökologische Milchtruck |
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| Auf dem Hinweg können wir bereits einen Blick auf die Palmen werfen |
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| Obacht und Hinschauen, wo man hintritt! |
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| Wirkt wie aus einem Film |
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| Diesen Schwarzschnabeltukan sehen wir auf dem Weg zum Kolibri-Haus |
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| Und dort sehen wir viele, viele Kolibris |
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| Mein absoluter Favorit: Die Langschwanzsylphe (der Name ist jedoch viel zu hässlich für den schönen Vogel!) oder Silfo Celeste im Spanischen (das wird ihm schon eher gerecht!) |
So, jetzt stehen noch die Palmen an. Allerdings macht
sich eine große Wolke breit und wir sehen so gut wie nix mehr von unserer
Umgebung. Abgesehen davon, dass es kalt wird, wird die Stimmung fast
geistermäßig, speziell als aus dem Nebel die Silhouetten der riesigen Wachspalmen
auftauchen.
An einem Aussichtspunkt warten wir 10min und siehe da, es
zieht auf! Nur ein paar hundert Meter weiter kommen wir dann zu einem super
Aussichtspunkt, der von den riesigen Palmen eingerahmt ist. So, nachdem ich so
viel über diese Palmen fasele: die Wachspalmen sind die Attraktion der Gegend
und werden bis zu 60m hoch. Die Tatsache, dass sie ziemlich einsam in der
Landschaft stehen, umgeben nur von Grasland, macht ihre Größe noch
eindrucksvoller und den Kontrast noch stärker. Diese Palmen stehen vor allem
deswegen noch, weil sich das Fällen als sehr schwierig und aufwändig erweist
und man sie deshalb einfach stehen lies, als man den Rest des Waldes um sie
herum gerodet hat. Nun wirkt die Landschaft surreal und die letzten paar
hundert Meter zurück zum Parkplatz, wo der Jeep auf uns wartet, laufen wir auf
einer Ebene mit den Riesen und man kommt sich ziemlich schmal vor. Wir haben
für die letzten Meter auch noch ein italienisches Pärchen eingeholt und laufen
nun mit Emanuela und Alex zurück.
Bevor ich wieder wie Gollum im Jeep sitze, beschließe ich
hinten im Stehen mitzufahren. Was sich als die beste Entscheidung herausstellt.
Nicht weil es im Jeep so schlecht wäre, nein, aber hinten im Stehen ist es
absolut Mörder-Hammer-geil! Ich unterhalte mich mit meinem Nachbarn, der Wind
weht uns ins Gesicht, dann fängt es leicht an zu regnen und kurz darauf stehen
wir im Starkregen und müssen in die Hocke, um überhaupt noch atmen zu können.
Drinnen lachen sich alle einen ab, allen voran Lotti. Aber ich habe einfach
Megaspaß! Beste Entscheidung ever!
03.10.18 – Ein Spaziergang mit Nicolas und Angie
Heute ist ein besonderer Tag und es geht wieder etwas
früher raus aus den Federn! Denn Nicolas, der junge Ökologe, den wir auf der
Wanderung im Cocora-Valley getroffen haben und der hervorragend Englisch
spricht, und seine Freundin Angie haben uns eingeladen, mit ihnen eine Runde im
Nachbardorf Circasia zu laufen. Um 6:30 springen wir daher aus dem Bett und um
7:40 in den Bus nach Armenia, der gediegenerweise direkt bei uns vor der
Haustür abfährt.
Wir treffen die beiden am Plaza Bolivar, wo ein
strahlender Nicolas und eine etwas müde wirkende Angie uns empfangen. Wir
laufen ein Stück weit hinaus aus dem Dorf und am Wasserreservoir des Dorfes
vorbei bis zu einem versteckten Platz direkt am Fluss, wo wir eine Pause machen
und den Vögeln horchen und sie beobachten. Was wir allerdings auch schon auf
dem ganzen Weg getan haben, denn wie gesagt, Nicolas ist Ökologe und sehr
begeistert von seiner Berufung. Er hat den Feldstecher dabei und klärt uns über
Flora, Fauna, Zusammenhänge, Geschichte, Entstehung, Probleme und allgemein
sehr umfassend über die genannten Punkte auf. Am Fluss sehen wir dann noch den
Scharlachhaubenhabia, eine in Kolumbien endemische Art, die nur in einem sehr
schmalen Streifen der Landschaft vorkommt. Ein wunderschöner Vogel, mit
feuerrotem Kopf, der daher auch relativ leicht gegen das Grün des Waldes zu
erkennen ist.
Auch die Ausführungen sind interessant, zwischendurch
unterhalten wir uns über unsere persönlichen Geschichten und Erlebnisse und ich
muss sagen, ein hochinteressanter, junger Kerl! Angie ihrerseits ist
Anthropologin und beide waren schon auf einer Expedition in ein von Guerillas
kontrolliertes Gebiet im Amazonas, das durch den Friedensvertrag quasi geöffnet wurde (in
sehr, von den Guerillas kontrolliertem, Maßstab!) und waren eine der ersten
Forscher, die dort hinkamen.
Auf dem Rückweg kommen wir aufgrund der Aktivitäten der
beiden in abgelegenen Gebiete und Angies Abschlussarbeit über die Kleinbauern und
deren Alternativen zum Coca-Anbau auf das Thema organisierte Drogenkriminalität
im heutigen Kolumbien zu sprechen.
Heutzutage sind immer noch viele Drogenproduzenten in
Kolumbien zu finden, jedoch hat es sich nach Escobar zersplittert und ist nicht
mehr so zentral gesteuert wie damals in den 90er Jahren. Dafür machen sich
jetzt die Mexikaner breit und kontrollieren einen guten Teil des
Drogengeschäftes.
Die Regierung versucht den Anbau der Coca-Pflanzen durch
das Besprühen der Felder mit Glyphosat zu verhindern, bzw. die Coca-Pflanzen zu
schädigen. Das Problem dabei ist, dass es sich oftmals um sehr ländliche
Gegenden handelt und die Bauern ihre Lebensmittel nicht zukaufen, sondern
selbst anbauen. Und durch das Glyphosat wird eben nicht nur die Coca-Ernte
zerstört, sondern auch der Reis, die Kartoffeln und alles andere, was nebenan
für die Nahrungsmittelversorgung wächst. Ganz abgesehen davon, dass Hühner,
Schweine und andere Nutztiere durch das Glyphosat teilweise erkranken und
sterben. Auch auf den Menschen wirkt sich das Pflanzengift aus, sodass viele
der Farmer erkranken. Und den Kern des Problems löst es immer noch nicht.
Denn viele Bauern können gar nichts anderes anbauen als Coca.
Würden sie, wie es die Regierung will, auf andere Pflanzen umsteigen (z.B.
Mais), stehen sie plötzlich mit Großproduzenten in Konkurrenz und würden
wahrscheinlich schlicht nicht genug zum Überleben haben.
Anders sieht es bei den Coca-Pflanzen aus, denn die
Drogenproduzenten (kolumbianisch wie mexikanisch) bieten ihnen nicht nur die
Samen kostenfrei an, sie garantieren ihnen auch die Abnahme der kompletten
Ernte. Durch diese Garantie wird der Anbau lohnend und die Alternativen sind an
sich keine. Viele der Farmer sehen zwar selbst die Probleme, die mit dem Anbau
und der daraus folgenden Kokainproduktion entstehen, sind aber als
Lebensgrundlage auf den Coca-Anbau angewiesen… Ein Teufelskreis. Sind die
Pflanzen dank des Glyphosates zerstört, weichen die Farmer immer weiter in die
Wälder aus und tragen so zur weiteren Dezimierung dieser bei.
Nach diesem interessanten Thema kehren wir in das laut
Nicolas beste Café des Dorfes ein, wobei es hier aber wohl allgemein sehr viele
gute Cafés gibt. Der junge Barista hinter dem Tresen versteht sein Geschäft und
braut uns in einer Chemex-Kanne einen guten Kaffee. Er erklärt uns, woher der
Kaffee kommt, welche Geschmäcker uns erwarten und wie sich die Temperatur auf
den Geschmack auswirken wird. Und ja, je kälter er wird, desto mehr schmecken
wir die Säure heraus. Und nach dem hervorragenden Kaffee gibt es noch einen
Guanabana-Saft oder besser ein Sorbet, denn die cremige und sehr zähe
Flüssigkeit löffelt man und sie schmeckt sehr süß und kräftig. Insgesamt sieht es
aus wie Naturjoghurt und schmeckt ein wenig wie selbiger mit Banane und Honig
gemixt. Aber das nur als Anhaltspunkt, denn eigentlich schmeckt es ganz anders.
Nach Guanabana eben!
Und jetzt setzt der Regen ein, es wird also langsam Zeit
für den Abschied… Die beiden führen uns zum Bus, der ein ganzes Stückchen
weiter außerhalb fährt, wodurch wir noch den Bauernmarkt sehen, der jeden
ersten Mittwoch im Monat stattfindet. Dort wird von Früchten, Gemüse bis hin zu
Schafen, Pferden und Rindern alles verkauft. Und dann springen wir nach einem
viel zu schnellen „Goodbye“ auch schon in den Bus nach Salento, wo wir im
strömenden Regen ankommen, nach dem Wolkenbruch etwas essen und uns dann
vorbereiten auf eine lange Fahrt nach Bogota und den anschließenden Flug nach
Leticia, für ein Abenteuer im Amazonas!
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| Nach unserer Wanderung kehren wir ins Café ein, wo ein kundiger junger Barista uns über den Kaffee aufklärt |
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| Guanabana-Drink. Unglaublich lecker! |
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| Auf dem Rückweg erblicken wir noch die letzten Überbleibsel des Marktes |
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