Leticia
04.10. – 09.10.18
Der Amazonas, (fast) unendliche Weiten
Es ist vollbracht!
Nach 8h in einem zwar wunderbar ausgestattetem Nachtbus, aber mit wenig Schlaf,
anschließenden 4h Wartezeit am Flughafen und dann einem 2-stündigen Flug sind
wir im Amazonas!
Während des Fluges
sieht man außer einer Wolkendecke nicht viel, beim Landeanflug zeigt sich dann
aber ein kurzer Ausblick auf die grünen Weiten und den Amazonas-Fluss. Das
grüne Meer erstreckt sich soweit das Auge reicht, unterbrochen nur von einem
glitzernden breiten Streifen, dem Amazonas-Fluss, dessen Ufer bereits jetzt in
der Trockenzeit weit auseinanderliegen. Kaum vorstellbar wie breit der Fluss in
der Regenzeit wird.
Leticia ist eine
Kleinstadt mit ca. 40 Tausend Einwohnern, die sich direkt am Dreiländereck von
Kolumbien, Brasilien und Peru befindet. Nach Brasilien können wir laufen und
nach Peru schwimmen oder mit dem Boot fahren, denn Santa Rosa ist die erste,
kleine Insel auf peruanischer Seite.
Die Wildnis merkt
man hier an der Geräuschkulisse, speziell der Vögel, deren Rufe ganztägig die
Luft erfüllen. Seinen Höhepunkt findet das aber abends zum Sonnenuntergang,
wenn tausende kleiner, grüner Papageien aus dem umliegenden Wald zum kleinen
Stadtpark zurückkehren. Ein wahnwitziges Spektakel, wenn riesige Schwärme durch
die Luft schwirren, der Ruf der Vögel ohrenbetäubend auf einen einprasselt und
der Strom der Vögel für eine geschlagene Stunde einfach nicht abreißt. Auf dem
Bäumen wird um den besten Platz gestritten und mittlerweile findet man unter
vielen grünen auch ein paar blaue Punkte, als sich eine andere Papageienart
hinzugesellt.
Vom Kirchturm aus
hat man den besten Platz, um das Schauspiel zu verfolgen und steht die meiste
Zeit mit offenem Mund da, während man die kleinen Vögel um sich herum schwirren
sieht. Alleine das war die Reise hierher bereits wert!
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| Der Markt von Leticia, viel Fisch und Gemüse wird angeboten |
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| Überall Geier. Dieser hier macht es sich vor dem Eingang zum Markt gemütlich |
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| Im Hostel lässt es sich aushalten. Frische Kokosnuss und ein Pool zum Abkühlen |
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| Ein kurzer Ausflug nach Brasilien, ohne die ganzen Grenzkomplikationen. Einfach mit dem Bus oder Tuktuk rüberfahren, Bootstickets für die Weiterfahrt kaufen und wieder den Rückweg antreten. |
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| Das Highlight Leticias sind die Vogelschwärme, die allabendlich wieder in den Stadtpark zurückkehren |
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| Abertausende von Vögeln machen es sich in den Baumkronen gemütlich |
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| Dieser kleine Papagei ist ganz einsam auf einem Palmblatt unterwegs |
Einmal den Mund weit öffnen bitte...
Was den Aufenthalt
hier etwas unangenehm gestaltet, ist die Zahnfleischentzündung, die ich mir vor
ein paar Tagen eingefangen habe. Leider wird diese nicht besser und fängt
langsam an zu schmerzen, also statte ich nach 5 Tagen mit der Entzündung dem
Krankenhaus einen Besuch ab. Der Arzt ist nett, aber verschreibt mir
Antibiotika nebst Zahnspülung und die alleine machen es nicht besser (abgesehen
von der Tatsache, wie gerne einfach mit Antibiotika um sich geworfen wird. Auch
stelle ich nach Erkundigung über Dr. Google fest, dass das Antibiotikum nur die
Bildung neuer Bakterien verhindert, nicht aber vorhandene zerstört. Ob das
überhaupt helfen kann ist also fraglich...). Also statte ich am nächsten Tag
noch dem Zahnarzt am Markt (in der Nähe, nicht auf Selbigem!) einen Besuch ab. Es
sieht dort nicht so schlimm aus, wie man sich das für eine Stadt im Dschungel
vorstellt, aber so richtig vertrauenserweckend auch nicht. Aber es hilft nix,
per Fräse wird der Zahnstein am entzündeten Zahnfleisch entfernt und ordentlich
durchgespült. Etwas blutig das Ganze, auch eher schmerzhaft, aber bereits
abends bin ich froh darüber, denn es ist bereits besser und schwillt langsam
ab. Ja, auch mit solchen Sachen muss man sich auf Reisen herumschlagen...
Ein Trip im Amazonas
Mitten im Amazonas
gibt es ja vielerlei Pflanzen, die vielerlei Wirkungen haben, mal giftig, mal
heilsam, und es werden immer noch neue Pflanzen entdeckt, die wirksam gegen
Krankheiten sind, die man mit bisherigen Medikamenten nicht oder nicht gut
heilen kann. Das Wissen der einheimischen Völker ist also durchaus sehr
lehrreich für uns. Was es hier aber auch gibt, sind Substanzen, die den Geist
erweitern, wie zum Beispiel Ayahuasca, was eine reinigende und halluzinogene
Wirkung hat und von vielen Schamanen hier noch angeboten und praktiziert wird.
Die Halluzinationen halten bis zu 10 Stunden an und die reinigende Wirkung ist
übrigens wörtlich zu nehmen, denn der Körper entleert sich aus allen
Öffnungen...
Ein kleines
Grüppchen aus unserem Hostel will heute etwas ähnliches ausprobieren, nämlich
DMT, der Wirkstoff, der auch im Ayahuasca enthalten ist, wobei die Wirkung
wesentlich kürzer anhält. Sie suchen dazu ein ruhiges Plätzchen etwas außerhalb
auf...
Ja, der Ort hier mitten im Dschungel zieht alle Arten von Personen an: Naturkundler, Hippies,
neugierige Reisende, Drogenschmuggler, uvm.
Die Erfahrungen, von denen die Truppe später berichtet, sind durchaus interessant mit anzuhören. Stimmen, die sie
willkommen heißen, die aber untereinander tuscheln: "Er ist noch nicht
ganz hier, er kann uns noch nicht sehen!". Nach dieser Ebene abseits
unserer Realität geht das Ganze wohl über in unsere Dimension und man sieht die
umgebenden Dinge aber mit einer Aura, die sie umgibt. Auch Farben und Formen
erscheinen auf Flächen und Personen. Kevin, ein Kanadier der aussieht wie
Crocodile Dundee, ist ganz fasziniert von der Erfahrung und möchte diesen
Zustand etwas genauer verstehen, es war also wohl nicht das letzte Mal für
ihn...
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| Kevin und ich beim Abkühlen im Pool nach einem kleinen Workout. Eine echte Marke der Typ! |
Dschungelleben
Wir machen abends
noch einen Spaziergang durch die Stadt und hinunter zum Fluss, wo die Häuser in
Flussnähe auf Stelzen gebaut sind, um dem immensen Anstieg des Flusses in der
Regenzeit gerecht zu werden. Während wir hinab schlendern, werden wir fast taub
von dem Alleinunterhalter, der die Songs auf dem Keyboard und ins Mikro
schmettert, ohrenbetäubend alleine von der Straße aus, während im Haus nebenan
Kontermusik läuft. Das alte Pärchen, das neben den Boxen zur Musik tanzt, lässt
sich von der Lautstärke aber nicht abhalten.
Ein Betonsteg führt
an einem kleinen Flusstreifen entlang, der "Fantasia" vom restlichen
Festland trennt. Die Landzunge heißt so, da sie bei Hochwasser teilweise
komplett verschwindet, was angesichts der Größe schon schwer vorzustellen ist.
Wir schlendern hinüber, schauen den Einheimischen beim Fußball-Spielen zu und
trinken währenddessen ein Bierchen. Dann führen die Planken über die matschigen
Wege uns zurück zur Unterkunft.
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| Je weiter es Richtung Fluss geht, desto ärmer werden die Menschen und entsprechend einfacher die Hütten |
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| Durch den Matsch zum anderen Flussarm |
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| Die Hütte ist mit Baumstämmen "unterfüttert", um dem steigenden Fluss zu trotzen |
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| Das Leben am Fluss. Viele der hier Ansässigen bieten Überfahrten nach Santa Rosa an |
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| Zeitvertreib am Wochenende: Fußball! |
Tag der Überfahrt nach Santa Rosa und die Reise nach Iquitos
Jan-Kai liegt einsam
im Pool unseres Hostels, das Gesicht gen Himmel gewandt, und genießt den Regen,
der ihm ins Gesicht und auf alles um ihn und uns herum prasselt. Wir sind am
Anfang der Regenzeit, aber es ist schließlich der Amazonas, hier regnet es
ganzjährig viel. Als wir mit dem Tuktuk zum Geldwechseln gefahren sind, meinte
der alte Fahrer zu uns: "In einer Stunde regnet es". Und was soll man
sagen, etwas über eine Stunde später fängt es an zu stürmen und zu donnern und
ein starker Regenschauer zieht über uns hinweg. Während Jan-Kai, einer der
vielen Deutschen hier, im Pool liegt, erleben wir das Schauspiel unter einem Dach,
wo der Wind nur ab und zu ein paar Tropfen hineinweht. Wir haben noch etwas Zeit,
nachdem wir heute morgen unseren Ausreisestempel am Flughafen geholt haben,
etwas Geld umgetauscht haben und am nachmittag nach Santa Rosa übersetzen
wollen. Nachdem fast niemand mehr Soles hatte, die peruanische Währung, können
wir nur 200 Soles (ca. 50€) ergattern und haben noch einige Pesos übrig.
Und so sitzen wir
unter dem Dach am Pool und warten darauf, dass der Regen etwas abebbt und wir
zum Hafen fahren können. Leider tut uns das Wetter diesen Gefallen aber nicht
und so müssen wir im Regen zur Hauptstraße und uns ein Tuktuk organisieren.
Mittlerweile sind wir zu dritt, denn Nadja, eine weitere Deutsche, fährt auch
mit unserem Boot und begleitet uns entsprechend. Als wir am Hafen in Tabatinga
(die brasilianische Seite/Stadt) ankommen, regnet es bereits wieder stärker und
wir dürfen im Regen über nasse Holzplanken zum Bootsanleger balancieren, wo uns
eine kleine Nussschale für 5 Soles nach Santa Rosa übersetzt.
Die 5-minütige Fahrt
quer über den Amazonas markiert unsere Grenzüberquerung von Kolumbien nach
Peru!
Etwas wehmütig
sagen wir "Adios" zum sich entfernenden Ufer und sind voller
Vorfreude auf den matschigen Anstieg zur Straße, den wir von hier bereits
sehen... Dieser ist allerdings besser zu erklimmen als gedacht, nur die Schuhe
sehen danach entsprechend mitgenommen aus. Da wir mit den nassen Sachen und zu
dritt wahrscheinlich in kein Mototaxi passen (oder wollen) und es wohl nur 10-15min
zu Fuß sind, watscheln wir durch den Regen zum Immigrationsbüro. Dort holen wir uns
den Einreisestempel und ziehen ins drei Häuser weiter gelegene Hostel ein.
Glücklicherweise gibt es nur eine Hauptstraße und an dieser liegen das
Immigrationsbüro, Unterkünfte und Restaurants. Unsere Unterkunft ist, sagen wir
mal... basic. Stellt man sich ein heruntergekommenes Zimmer mit Ventilator vor,
das seinen Strom über einen Generator bezieht, der außerhalb der dünnen
Zimmerwände mit zerschlissenen Moskitogittern steht und lauthals zu uns hinein
dröhnt, während die Farbe an den Wänden abbröckelt und nichts weiter im Zimmer
steht als zwei Betten und ein Tisch, dann hat man glaube ich ein ganz treffendes
Bild vor Augen.
Aber es reicht für
eine halbe Nacht unruhigen Schlaf, bevor um 1:15 der Wecker klingelt und wir
alles packen und unser Moto zum Hafen nehmen. Das ist denn auch die
abenteuerlichste Fahrt bisher, denn abseits der Hauptstraße wartet Matsch auf
uns. Viel Matsch. Und während unser Motofahrer uns und unser Gefährt in den
Matsch manövriert, schwankt alles so weit nach links und rechts, dass ich mehr
als einmal Bedenken habe, dass wir umkippen. Aber trotz bedenklicher Seitenlage
und mehr Schwimmen als Fahren, kommen wir gut am tatsächlich schwimmenden
Holzanleger an, wo bereits das Boot im Dunkeln sanft auf und ab wiegt und
einige Personen fast unsichtbar auf dem Boden liegen. Man kann sich so
natürlich auch Unterkunftskosten sparen...
So nervenzehrend
das frühe Aufstehen war, es war doch ziemlich vorteilhaft, denn so ergattern
wir gute Plätze! Beinfreiheit und verstellbare Sitzlehne! Mega! Es fährt sich
wie es sich im Flugzeug fliegt, das Dröhnen des Motors ständig in den Ohren,
aber angenehm konstant und ruhig schippern wir durch die Dunkelheit.
Heraus aus der Finsternis und
nach Iquitos
Das Logbuch unserer Fahrt nach Iquitos
2:39: Unser Kapitän
wirft den Motor an und wir fahren früher als planmäßig vorgesehen ab. Scheinbar
sind alle Passagiere bereits an Bord.
6:57: Delfin
gesichtet, Lotti wird ihrer Spotterberufung gerecht. Auf Lotti's Augen ist
Verlass!
7:50: Frühstück
wird ausgegeben. Eine Art Burgersandwich. Also eine Scheibe Wurst und eine
Scheibe Schmelzkäse zwischen zwei runden Brötchenhälften. Natürlich die süßen
Brötchen... Dazu ein stark gesüßter Tinto um die Geister zu beleben. Die
füllige Mutti vor mir nimmt sich gleich zwei davon.
10:25: Aussicht:
Bugspritzer, Fluss, Ufer und dahinter grüner Wald. Aussicht gleichbleibend seit
Abfahrt. Unterbrochen nur durch gelegentliche Siedlungen und kleine
Boote.
11:08: Mittagessen
wird ausgegeben. Erstaunlicherweise sogar warm. Vielleicht auf dem Motor
gelagert? Egal, Reis, Bohnen, Hühnchen und ein Stück Banane warten auf ihren Verzehr.
13:14: Wir sind
irgendwo auf dem Fluss, ca. 100km von Iquitos entfernt. Weit und breit ist keine
Siedlung zu sehen. Nichts als Dschungel hier wie dort und doch sitzen 3 bunt
gekleidete Kinder in der Nähe des Ufers und beobachten uns, als wir
vorbeifahren...
13:53: Nach
"Flyboys" wird nun der zweite Kriegsfilm "Hart's War"
abgespielt. Entweder gab's die Kriegsfilme im Abo günstiger oder die stehen
hier einfach drauf...
15:04: Mehr als
zwölf Stunden unterwegs, ich bin noch kein einziges Mal aufgestanden. Und ich
war noch kein einziges Mal auf der Toilette... Das lässt den Schluss zu, dass
ich wahrscheinlich dehydriert bin...
16:10: Charlotte
macht den ersten Schritt und bewegt sich in Richtung Toilette. Nach ihrer
Aussage ist die Position des Fensters perfekt, um den Amazonas während seiner
Sitzung an sich vorbeiziehen zu sehen. Sie ist schwer begeistert.
16:15: Erste
Bewegung kombiniert mit Gang zur Toilette. Farbindikator bestätigt meine
Vermutung: Leichte Dehydration, jedoch in geringerem Maße als vermutet.
17:10: Wir laufen
in den Hafen von Iquitos ein. Die Dämmerung hat eingesetzt und es regnet...
17:15: Der
Tuktukfahrer am Hafen lockt uns mit 5 Soles, kassiert am Hostel dann aber 10
Soles pro Person. Wir sind beide verdutzt und denken uns, dass wir ihn wohl
wieder einmal falsch verstanden haben, aber ich glaube er hat uns abgezockt...
17:50: Ankunft am
Hostel. Einchecken, alles Nasse von sich werfen und DUSCHEN!
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