Cartagena - Bunte Gassen, grüne Balkone und Hitze

Cartagena
14.09. – 17.09.18

Ah, die Karibik! Den Blick aufs Meer geheftet sitze ich auf meiner Kanone und stelle mir vor wie es in den alten Tagen hier wohl zugegangen ist: Gegründet wurde die Stadt von den spanischen Konquistadoren und rasant entwickelte sie sich zu einem der wichtigsten Seehäfen Südamerikas. Schließlich ist der Kontinent und das heutige Kolumbien reich an Gold und Edelsteinen, die man zurück zum alten Kontinent und seinem König schicken konnte.
Die wertvollen zu verladenden Frachten brachten Cartagena den Spitznamen "Die Perle von Las Indias" ein (Las Indias bezeichnet die damalige "neue Welt"), lockten aber auch Piraten an. Nach einem nicht allzu angenehmen Besuch des Engländers und Piraten Francis Drake beschloss man daher, dass es an der Zeit ist für eine Mauer. So eine richtig Große und auch eine Wehranlage, ach was, am besten mehrere!
So wurde eine 11km lange Mauer um Cartagena errichtet, die riesige Wehranlage San Felipe (die größte in Südamerika!) und zwei Forts, die die Bucht von der vorgelagerten Insel "Isla de Tierra Bomba" aus schützten. Außerdem wurden weitere, kleinere Forts errichtet, was in insgesamt 29 Befestigungsanlagen resultierte.
So aufgerüstet bissen sich zahlreiche Angreifer die Zähne aus und Cartagena galt zeitweise als "uneinnehmbar".

Auf einer Nachbildung einer solchen zur Verteidigung gedachten Kanone sitze ich gerade und schaue hinaus aufs Meer und nach links, wo sich die Skyline des modernen Cartagena erhebt.
Dann steige ich wieder ab und schlendere mit Lotti durch die bunten Gassen der Altstadt. Obwohl Cartagena mittlerweile 1 Million Einwohner hat spielt sich das touristische Geschehen im kleinen Raum der Altstadt und im Szeneviertel Getsemani ab. Letzteres ist berühmt berüchtigt für sein Nachtleben und einen Partybus, dem "Rumba en Chiva", wo man im Bus dem Rum fröhnen und bei einer Liveband feiern kann, während die Animateure einen so richtig in Stimmung bringen, bevor man danach in einen der Nachtclubs weiterzieht.
Hört sich nicht so ganz nach unserem Ding an? Richtig, dem konnten wir nicht wirklich etwas abgewinnen, aber wer weiß wann der nächste Junggesellenabschied in Cartagena gefeiert wird?! Dann ist das nützliches Wissen und ein Muss!
Die Altstadt wiederum ist weniger partyorientiert und selbst die Attraktion. Viele Kirchen, bunte Straßen und Häuser, blumenüberhangene Balkone und viele, viele Händler warten dort auf einen. Das alles in wunderbar erhaltenem und restauriertem Kolonialstil, einfach wunderschön. So sind wir denn auch schon zufrieden damit, einfach durch die Straßen zu schlendern, uns die Häuserfassaden anzuschauen, die äußerst bunt gekleideten Damen mit den Fruchtkörben auf dem Kopf anzuschauen, die sich gegen Geld fotografieren lassen und von einem Café aus die Straße zu beobachten.
Da der Verkehr in der Innenstadt bis 17:00 zugelassen ist, trübt das das Straßenbild etwas und auch die diversen Verkäufer ("Agua, Agua, Agua") und aufdringlichen Straßen-Musiker, die einem spielend und rappend hinterherlaufen, muss man ausblenden. Und dann muss man noch mit den 28°C, die es morgens hat und die sich zum Mittag hin in Richtung 33°C bewegen, sich aber aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit anfühlen wie 40°C, zurechtkommen. Wenn man das genießen kann, gibt es nichts mehr, was einen stört!


San Felipe, die Festung ist massiv und riesig

Tradition und Moderne, wenn man so will. Ich reite auf einer Kanone der Stadtmauer, hinter mir die moderne Skyline

Im Torbogen sieht man den "Torre del Reloj", den Uhrenturm, der den Eingang zur Altstadt markiert

Diese bunt gekleideten Damen sind überall in der Stadt zu finden. Möchte man mit ihnen ein Bild, kostet das...

Viva Colombia!

Grüne Balkone und bunte Gassen

Kirchtürme sind von den Gassen aus gut sichtbar

Einer der schönsten Blicke in Cartagena

Manchmal wirken die Balkone fast etwas überladen

Die Gassen sind herrlich

Diese Damen haben sich für die Nationalfarben entschieden

Die Partyabende in Getsemani haben wir aufgrund des abends einsetzenden Regens ebenfalls ausgelassen, sind aber auch darüber nur bedingt traurig.
Auch auf einen Besuch der Wehranlage San Felipe verzichten wir, denn so mächtig es von außen aussieht, es zieht uns nicht so wirklich an. Aber auch die Aussicht auf das Ablaufen der Festung bei den brütend heißen Temperaturen wirkt wenig verlockend. Wir konzentrieren uns quasi voll auf die Altstadt! Die laufen wir aber auch sehr umfänglich zu Fuß ab!

Gleich neben der Altstadt liegt der "Parque del Centenario", der ein paar Überraschungen parat hält: Läuft man an den diversen improvisierten Second-Hand-Buchläden vorbei, kommt man zu einem schönen kleinen Parkabschnitt und schaut man sich dann um, sieht man auf einmal neben sich ein paar schwarze Knopfaugen. Ein kleiner Affe sitzt 30cm neben mir auf einem Ast und schaut mich an. Im Park leben ein paar dieser Tierchen. Und sie haben sichtlich Spaß daran, Eichhörnchen zu jagen. In Acht nehmen sie sich aber vor den Iguanas, den großen Echsen, die ebenfalls im Park herumlungern. Und von ihrer Größe sollte man sich nicht täuschen lassen! Diese Echsen sind ganz schön schnell die Bäume oben!

Schaut man dann in die Baumkronen, sieht man neben den Affen und Echsen, die bereits ein seltsames Bild abgeben, ein vertrautes, aber irgendwie auch fremdes Gesicht: Ein Faultier hängt in den Ästen und hangelt sich langsam vorwärts. Obwohl wir noch nie Faultiere live und in Farbe gesehen haben, wirkt das Gesicht durch Fernsehen und Filme doch vertraut. Und man kann sich nicht vorstellen, wie gemächlich diese Tierchen durch die Bäume schweben. Und dabei immer dieses selige Grinsen im Gesicht haben... Definitiv eine unerwartete Begegnung hier!

Wer schaut denn da so neugierig? Ein Weißfußtamarin (Saguinus Leucopus) sitzt neben uns im Baum

Die Iguanas sind ziemlich gute Kletterer

Die Affen entspannen derweil

Hui, wen sieht man denn hier? Ein Braunkehl-Faultier (Bradypus Variegatus)!

Wir können uns nicht helfen, aber es sieht so aus, als hätte sich dieser Zeitgenosse verlaufen und müsste gleich gerettet werden

Samstag nachmittag verfolge ich gespannt eine Art Baseballballspiel, das die Nachbarschaft auf dem kleinen Sportplatz vor unserer Unterkunft spielt. Auf einem Fußballkleinfeld wird dabei mit Schlägern, die aussehen, wie abgebrochene Billardqueues, geschlagen, während der Pitcher (Werfer) mit Kronkorken wirft. Es wirkt wie Baseball in Miniatur. Nach ein paar Durchgängen werden die Korken mit einem Magneten wieder aufgesammelt. Wenn der Schlagmann den Korken richtig gut trifft, schlägt er diesen bis zu 15m weit. Alles wirkt etwas verrückt, aber irgendwie auch interessant.

Unser Tag der Abreise läuft etwas anders ab als normalerweise. Denn wir nehmen wieder einen Nachtbus nach Medellin! Wir haben also den ganzen Tag Zeit und können die Rucksäcke im Hostel lassen. Das gibt uns die Freiheit, noch einmal die Altstadt zu besuchen und dort einen gemütlichen Tag zu verbringen. Der Bus fährt um 19:30 vom Busterminal ab. Dieses liegt aber gute 9km außerhalb der Altstadt und wir rechnen zurück… Inklusive Rückfahrt an die Unterkunft, evtl. noch Duschen und dann abends ca. 45min bis zum Terminal… sollten wir ungefähr 2-2,5h vorher den Rückweg antreten. Um kurz nach 17:00 kommen wir auch los, sind dann gegen 17:20 an der Unterkunft, duschen noch und fragen nach dem Bus, was allerdings alles etwas länger dauert, und kommen gegen 17:50 los. Immer noch mehr als 1,5h, sollte hinhauen. Wir fragen den ersten Taxifahrer den wir sehen, wie teuer es bis zum Terminal wäre, der winkt aber nur ab, da fährt er jetzt nicht hin… Wir schauen uns um und stelen fest: Wir sind mitten im Feierabendverkehr und so viele Straßen führen nicht aus der Stadt. Mist, wir lassen das mit dem Taxi erst einmal und wollen den öffentlichen Verkehr benutzen, der seine eigene Fahrspur und damit weniger Verkehr hat, und laufen 10min zur Bushaltestelle. Als wir dort ankommen, müssen wir uns jedoch in die Warteschlange einreihen, denn es ist: Feierabendverkehr! Wir warten geduldig, kaufen unser Ticket und warten auf die X104, von der wir nicht einmal wissen, wann und wie häufig sie fährt. Mittlerweile ist es 18:20 und wir brauchen dringend einen Bus. Der dann endlich in Sicht kommt. Aber je näher er kommt, desto deutlicher sehen wir, dass es bereits gestopft voll ist. Als wir einsteigen wollen, drücken und drängen die Leute an uns vorbei in den wenigen Freiraum im Bus. Für uns heißt es: Draußenbleiben. Verflixt und #!%&!

Wir werden richtig nervös… 5 lange Minuten überlegen wir, ob es Sinn macht, auf den nächsten Bus zu warten und wie voll dieser dann wohl ist. Aber uns wird klar, dass wenn wir den nächsten Bus verpassen, wir definitiv unseren Nachtbus verpassen werden!
Wir fluchen leise über die rausgeworfenen 10.000COP (knapp 3€…) und laufen über die Straße und zu den nächsten Taxis. Auch hier fahren wir uns zuerst zwei Abfuhren ein, bevor der dritte Taxifahrer zwar etwas stöhnt, aber uns für 30.000COP (10€, normalerweise sollten es ca. 20.000COP sein…) hinbringen will. Wir spüren den Zeitdruck im Nacken, verhandeln auch nicht darüber und springen hinein. Der Taxifahrer ist ein Netter und als er hört, dass unser Bus um 19:30 fährt, rügt er uns, denn das ist ziemlich knapp kalkuliert bei der Verkehrslage. Da hat er auch Recht, aber wir haben auch eher mit dem Bus kalkuliert, der zu voll für uns war.
Was dann folgt gleicht einer Verfolgungsjagd in Filmen. Nur dass wir kein Auto verfolgen, sondern mehr eine Bestzeit zu erreichen versuchen. Der Gute holt alles aus seinem Taxi, überholt links wie rechts, hupt, gibt, wo möglich, Vollgas und kennt Cartagena wohl ziemlich gut, denn er braucht auch keine Karte. Einmal wird es knapp, als es zu einem kleinen Kräftemessen zwischen uns und einem Bus kommt, aber als der Spiegel nur noch Millimeter vom nach links ziehenden Bus entfernt ist, geben wir nach und kommen gerade noch hinter den Bus.
Irgendwann biegt er in eine Seitenstraße ab, wo weniger Verkehr ist, dieser aber trotzdem halsbrecherisch überholt wird. Plötzlich rollt ein Ball auf die Straße. Und wir steigen in die Eisen und fahren langsam vorbei. Hätte ich ihm gar nicht zugetraut… Danach wieder voll Stoff, bis der Verkehr wieder zunimmt. Bis kurz vor Ende der Fahrt habe ich sogar noch Hoffnung, dass wir vor 19:30 ankommen, aber das letzte Stück bremst uns noch einmal derart aus, dass wir mehr oder weniger pünktlich um 19:30 dort aufschlagen und schon wenig Hoffnung haben, den Bus noch zu erwischen.

Wir drücken ihm das Geld in die Hand, zusammen mit der Bemerkung „Bien Hecho!“ (Gut gemacht) und stürzen zum Schalter. Dort gibt es gute Nachrichten, der Bus ist noch nicht abgefahren, aber es wird Zeit!
Überglücklich und etwas ungläubig, dass wir es noch geschafft haben, verladen wir das Gepäck, haben sogar noch Zeit uns zwei Empanadas zu holen und steigen mit 180 Puls in den Bus ein. Auf nach Medellin und ein Hoch auf unseren Taxifahrer, unseren rasenden Helden, bei dem wir uns nie sicher fühlten, der uns aber rechtzeitig an unser Ziel gebracht hat…

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